Plurilingualität und Interkulturalität
Im Mai 2018 hatte ich die Gelegenheit am Klub Hannah teilzunehmen. Ein neues Format, bei dem Frauen ihren Werdegang und ihr Fachwissen mit anderen teilen. Alle zwei Monate treffen sich Interessierte im Goethe Institut in Barcelona zu diesem Storytelling.
Los geht es mit einem lockeren Kennenlernen der Teilnehmerinnen in der Lounge, wo die Frauen nach einem meist stressigen Arbeitstag nach und nach eintreffen. Im Anschluss geht es in die Bibliothek, wo schon das Forum aufgebaut ist und eine wesentlich ruhigere Atmosphäre herrscht. In einer kurzen Begrüßung werden wir auf die Philosophin Hannah Arendt eingestimmt, die 1972 in einem Politischen Essay über die Krux politischer Lügen geschrieben hatte: Lügen erscheinen dem Verstand häufig viel einleuchtender und anziehender als die Wahrheit, weil der Lügner den großen Vorteil hat, im Voraus zu wissen, was das Publikum zu hören wünscht. Die Brücke zum Debattierclub ist schnell geschlagen, denn auch über Frauen werden immer noch Unwahrheiten, Falsches oder nicht Richtiges erzählt, Erfolge und Leistungen wenig(er) beachtet, damit sie in einem Status-Quo verharren und nicht am Kristalldach kratzen.
Die Vortragende Zita Maté skizzierte kurz ihren Lebensweg, der sie aus ihrer ungarischen Heimat über Kreta und Österreich nach Barcelona gebracht hatte. Bedingt durch die multikulturelle Herkunft ihrer Familie und ihre eigenen umfangreichen Sprachstudien setzte sie sich intensiv mit Plurilingualität und Interkulturalität auseinander. Bei ihrer Arbeit als Deutschlehrerin an der Deutschen Schule in Esplugues waren ihr besonders die vielfältigen Modelle an Sprachprofilen aufgefallen. Wie lernt ein Muttersprachler Fremdsprachen? Wie lernen Kinder, die bereits mit mehreren Sprachen in der Familie aufgewachsen sind, weitere Sprachen? Geht es nur um Spracherwerb oder um noch mehr? Und wie hängt Sprache mit Kultur zusammen? Sie erklärte uns an vielen Beispielen, wie manche Kulturen gerade im Hinblick auf Kommunikation eher linear geprägt sind, wohingegen andere diese Linearität nicht kennen und scheinbar auf Umwegen zum Kommunikationsziel kommen (multi-aktiv oder reaktiv). Wenn man im Kopf hat, dass es mehrere Kulturmodelle gibt, dann erscheinen Misstöne oder Missverständnisse in der Kommunikation plötzlich erklärbarer. Man kann diese Unterschiede noch nicht direkt überwinden, aber sie sich bewusst zu machen, ist ein erster Schritt. Jede hat schon von Kind an auch ihre Kultur mitgelernt und wird diese beim weiteren Spracherwerb nur schwer ablegen können. Wenn ein linearer Sprecher oder Sprecherin eine andere Sprache lernt, dann lernt er oder sie nur bedingt die Kultur der anderen Sprache mit, weil er oder sie bereits zu stark von der eigenen geprägt ist. Er oder sie wird auch anders geprägte Sprachen weiter zunächst linear produzieren.
Wir hatten daraufhin eine sehr angeregte Diskussion über Mehrsprachigkeit und unterschiedliche Kommunikationskulturen, bei der deutlich wurde, dass unter den Teilnehmerinnen viele verschiedene Nationalitäten vertreten waren und alle auf andere Art und Weise eine oder mehrere Fremdsprachen erworben hatten. Dadurch hatten sich auch ganz unterschiedliche Erfahrungen mit Mehrsprachigkeit und –kulturalität ergeben. Ein interessanter Ansatz, den man auf jeden Fall weiterverfolgen sollte.
Von Alma Laiadhi
Schlagwörter: Frauen, Klub Hannah in Barcelona, Moderne Welt