Technologie ist ein Werkzeug
Die Universität hat gerade wieder begonnen, aber an diesem Donnerstagabend ist der Campus der UPC Barcelona in Castelldefels wie ausgestorben. Ich treffe Luis Alonso in seinem Büro. Im Eingang des Gebäudes untermauert eine riesige Flugzeugdüse den technischen Charakter der Fakultät.
Zur Bearbeitung Wie lässt sich die EETAC in wenigen Worten beschreiben?
Auf dem UPC-Campus in Castelldefels bilden wir Telekommunikations- und Luftfahrtingenieure aus. Innerhalb der Luft- und Raumfahrttechnik sind wir spezialisiert auf das Management des Luftverkehrs (Flugsicherung) und der Flughäfen. Wir bieten Bachelor, Master und Promotion an. Seit einigen Jahren bieten wir auch den Doppelabschluss an, um in nur fünf Jahren sowohl Telekommunikations- als auch Luft- und Raumfahrtingenieur zu werden. Dieses Profil öffnet wichtige Türen für Absolventen.
Woher kommen die Studenten der EETAC?
Von überall her. Da dieser Doppelabschluss in Spanien einzigartig ist, kommen Studenten aus ganz Spanien. Im Bachelor-Studiengang gibt es einen sehr hohen Prozentsatz aus Südamerika, sicherlich wegen Sprache und Kultur. Auf der Master-Ebene bilden internationale Studierenden die Mehrheit, da die Fächer zu 100% in englischer Sprache abgehalten werden. Wir haben Vereinbarungen mit vielen europäischen Universitäten, insbesondere für den Studentenaustausch: in Turin und Aquila in Italien, in Toulouse, in Cranfield in England, an der TU Berlin und in Aachen oder in Aalborg in Dänemark.
Gibt es Studierende im Rahmen des Erasmus-Programms?
Es gibt einen kontinuierlichen Strom von Erasmus-Studenten, etwa 5%. Sie kommen aus Ländern wie Deutschland, Frankreich oder Griechenland. Wir kooperieren bei Seminaren und Abschlussarbeiten eng mit dem Luftfahrtzentrum in Toulouse, einem der wichtigsten der Welt. Wir bieten Doppelabschlüsse für die Unis von Toulouse und die UPC von Barcelona an.
Was macht ein Telekommunikationsingenieur?
Das ist eine ausgezeichnete Frage. Wenn wir in die Schulen gehen, fragen Schüler und Schülerinnen immer, wie sie es sich vorstellen sollen. Ein Unternehmen im 21. Jahrhundert ohne Anwendung der Telekommunikation zu finden, ist praktisch unmöglich. Für unsere Praktika haben wir professionelle Vereinbarungen mit allen Branchen: Lebensmittel-, Automobil-, Logistik-, Fertigungs- oder Geolokalisierungsunternehmen. Es kam gerade ein sehr wichtiger Sektor dazu: die Anwendung von Drohnen bei Unternehmen. Unser neuer Master MED (Unmanned Aircraft Systems Engineering, Drons) befasst sich mit dem industriellen Einsatz von Drohnen. Wir arbeiten mit Unternehmen zusammen, die in diesem aufstrebenden Sektor schnell wachsen. Drohnen sind für mich das perfekte Symbol für unsere Schule: Wir bilden Luftfahrt- und Telekommunikationsingenieure aus. Die Fusion sind die Drohnen.
Ein Telekommunikationsingenieur entwirft und verbessert industrielle Prozesse. Durch die Telekommunikationstechnologie gelangen Informationen in Echtzeit von einem Ort zum anderen. Schlüsselwörter sind Big Data, künstliche Intelligenz oder Machine Learning. In Unternehmen oder anderen Bereichen der Gesellschaft werden durch ihre Anwendung Probleme effizient gelöst. In der Industrie 4.0 wollen wir über die reine Automatisierung der Fertigungsketten und des Materialtransportprozesses mit Robotern, hinausgehen. Prozesse einer Branche können so optimiert werden. Vorstellbar ist eine Wertschöpfungskette, wo Rohstoffe nach bestimmten Vorgaben entnommen, verarbeitet, transportiert, hergestellt, vermarktet und vertrieben werden.
Diese Technologie ist überall.
Ja. Einige Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu 70% der Arbeitsplätze durch diese technologische Welle beseitigt werden. Es heißt aber auch, dass für jeden verlorenen Job 3,5 neue generiert werden. Das Profil des Jobs, der verschwindet, und das neue Profil, das benötigt wird, sind natürlich sehr unterschiedlich. Deshalb ist die Vorbereitung der jungen Leute sehr wichtig. Die Stellen, in denen Studierende, die jetzt ihr Studium beginnen, arbeiten werden, existieren heute noch nicht.
Im „Shanghai“ Ranking der Universitäten hat EETAC einen guten Platz erzielt. Was sind Ihre wichtigsten Forschungsprojekte? Wie finanzieren sie sich?
Wir bieten die akademische Ausbildung von Bachelor, Master und Promotion mit Hilfe verschiedener Professuren, die in ihrer Spezialisierung für die Forschung verantwortlich sind. Alle Lehrer haben das doppelte Profil eines Lehrers und eines Forschers. Die Lehrpläne sind mit der Forschung verbunden. Als Schule sind wir an einer breiten Forschung interessiert.
Zum Beispiel gab es kurz vor dem Sommer eine Vereinbarung zwischen der UPC, der Firma Orange, Barcelona Activa, i2cat und dem Telekommunikationszentrum Kataloniens, um auf diesem Campus das erste Zentrum in Spanien zum Testen der 5G-Technologie einzurichten. Orange wird einen Kommunikationsknoten auf dem UPC-Campus in der Diagonal und einen weiteren bei uns installieren. Wir werden diese beiden Basisstationen verwenden, um die neueste Generation der 5G-Technologie für verschiedene Bereiche zu testen und damit zu experimentieren. Mehrere Forschungsgruppen werden diese Testplattform nutzen. Im Projekt „Carnet“ arbeiten wir mit verschiedenen Automobilunternehmen in der Nähe zusammen an vernetzten Autos. Orange stellt uns einen Teil ihres Spektrums zur Verfügung, um zu experimentieren.
Ein weiteres Projekt ist die Integration industriell genutzter Drohnen in den europäischen Luftraum. Die Arbeiten werden direkt mit der europäischen Organisation zur Sicherung der Luftfahrt Eurocontrol und der spanischen AESA-Luftraumsicherheitsbehörde durchgeführt, die den gesamten europäischen Luftraum kontrollieren, um die Normen zu definieren und die Vereinbarkeit von Drohnen mit der kommerziellen Luftfahrt sicherzustellen. Auch die Landwirtschaftsfakultät prüft den Einsatz von Drohnen in ihrem Bereich. Wir haben Vereinbarungen mit dem Kontrollzentrum in Gava, das ein Drittel des spanischen Luftraums kontrolliert.
Hat sich die Wirtschaftskrise negativ ausgewirkt?
Während der Wirtschaftskrise priorisierten die Politiker Kataloniens und Spaniens die Ausgaben. Als öffentliche Hochschule sind wir auf öffentliche Mittel angewiesen. Wir mussten Einschnitte von bis zu 40% hinnehmen. Jetzt haben wir immer noch das gleiche Budget wie vor 10 Jahren. Wir bemühen uns, trotz mangelnder Ressourcen eine gewisse Qualität in Lehre und Forschung aufrechtzuerhalten. Wir können keine 4G- oder 5G-Ausrüstung erneuern, damit die Studierenden am aktuellsten Material lernen. Ein Land muss in Ausbildung investieren. Es ist eine Investition in die Zukunft. Wenn wir junge Menschen jetzt nicht auf die Zukunft vorbereiten, leiden wir in einigen Jahren unter den Folgen. Die Situation ist kaum tragbar. Zudem haben wir keine Personalerneuerung. Ein Professor, der in den Ruhestand geht, wird nicht ersetzt. Dadurch können wir keine guten, jungen Lehrer anwerben. Wenn eine neue Krise kommt, mache ich mir Sorgen, dass es zu weiteren Kürzungen kommen könnte. Mal sehen, ob wir in der gesamten Gesellschaft die Politik dazu veranlassen können, Entscheidungen in diesem Bereich zu ändern.
Was halten Sie von Smart Cities?
In unserer Uni haben wir mehrere Kurse zu Smart Cities. Der Begriff bezeichnet die Integration von Telekommunikationssystemen zur Optimierung von Prozessen in Städten. Eines der Schlüsselwörter im oben genannten 5G-Projekt mit Orange ist SMART. Es steht für Experimente zur Verbesserung der Sicherheit und Mobilität mittels Telekommunikation. Im Fokus stehen immer mehr nachhaltige Mobilität, Sicherheit, Energieeffizienz oder Logistik.
Wie steht es mit Frauen an Ihrer Universität?
Ungefähr 20% der Studierenden sind Frauen. Das ist verbesserungsfähig. In den letzten Jahren haben wir den Prozentsatz nicht erhöhen können. Wir verlieren das Talent von Frauen, die eine Ingenieurkarriere machen könnten. Wir verstehen nicht, warum es so wenig Frauen gibt, die es wagen, Ingenieurwissenschaften zu studieren. Wir müssen in der gesamten Gesellschaft handeln. Wir v
ersuchen Mädchen im Alter von 10, 12 bis 14 Jahren an Schulen zu erklären, was es heißt, Ingenieurin zu sein. Das sind Schlüsseljahre für die berufliche Entscheidung. Lehrer halten Vorträge an Schulen. Studierende erzählen von ihrem Studium, damit die Kinder diese Ausbildung kennenlernen. Die Schulen in unserem Einzugsgebiet kommen einmal im Jahr auf den Campus. Am Tag der Offenen Tür haben wir ein attraktives Programm. Im OpenCamp der Sommeruniversität führen wir Workshops mit Experimenten durch.
Ich denke, Frauen sind mehr durch Berufe motiviert, bei denen sie einen direkten Bezug zu Menschen erleben. Wenn wir für Frauen attraktiver sein wollen, sollten wir herausstellen, dass das Ingenieurwesen direkt für den Menschen arbeitet: in der Medizin, bei Autos, beim Energiesparen, der Umweltverschmutzung – alles geschieht zum Wohle der Menschen. In multidisziplinären Ingenieurteams suchen wir globale Lösungen.
Wo kreuzen sich die Interessen von Forschung und Industrie?
Vor kurzem hat die Generalitat das Programm für die industrielle Promotion gestartet. Es geht um Folgendes: Wenn ein Unternehmen eine technologisch innovative Idee hat, kann sie mit einem unserer Doktoranden diese Idee entwickeln. Kleine und mittlere Unternehmen haben meist keine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Unter der Aufsicht eines Universitätsprofessors wird ein Projekt mit der Firma entwickelt, sodass der Dissertation ein praktischer Fall zugrunde liegt. Aus dieser Symbiose von Hochschule, Wirtschaft und Verwaltung ergeben sich interessante Ideen für die Unternehmen. Der Doktorand arbeitet bereits in einem Unternehmen. Das Unternehmen profitiert von finanzieller Unterstützung, der Doktoranden von einem konkreten Fall und die Universität, weil sie in enger Verbindung zu den spezifischen Bedürfnissen der Unternehmen steht. Drohnen und die Automobilindustrie sind interessante Herausforderungen.
Wie wird Kreativität auf dem Campus gefördert?
Wir versuchen Teamwork bei Projekten zu fördern. Die Benotung basiert neben den Examina zu 50% auf Projekten, Gruppenarbeiten und Praktika. Daher ermutigen wir die Schüler, kreativ zu sein. Die Abschlussarbeit eines Masters muss originell sein. Ein Drohnenhersteller möchte z.B. Talente fördern und organisiert einen Wettbewerb mit einem Preis für das beste Drohnenprojekt. Auf dem Campus haben wir ein FabLab mit 3D-Druckern, das -wie alle FabLabs der Welt- mit dem MIT in Massachusetts verbunden ist, das die Kreativität durch den Einsatz neuer Technologien fördert.
Gibt es Grenzen für Innovationen?
Es gibt keine Grenzen! Eine Anekdote erzählt, dass Ende des 19. Jahrhunderts jemand gesagt hat, dass alles, was erfunden werden kann, bereits erfunden wurde. Nun, er hatte unrecht. Die Vorstellungskraft ist absolut. Ich sage den Studierenden immer, dass es uns unmöglich ist, alle Möglichkeiten zum Wohle der Gesellschaft auszuschöpfen. Wir sollten keine Grenzen setzen, um Dinge zu verbessern.
Ich bezog mich auf die ethische Seite. Sollte die Gesellschaft Innovationen überwachen?
Ja, wie in jeder anderen Angelegenheit. Wir werden bald eine Ethikkommission an unserer Universität haben, die die ethischen Auswirkungen von Innovationen analysiert. Ein Messer ist weder gut noch schlecht. Es kommt darauf an, wie man es benutzt: beim Kochen, beim Bearbeiten von Holz oder um jemanden zu töten. Das Messer selbst ist kein Wert, es ist die Verwendung, die wir ihm geben. Die Technologie selbst ist wie das Internet neutral. Aber jedes Element, das einen positiven Nutzen hat, kann auch einen negativen haben. Ein Mobiltelefon kann man verwenden, um einen Notruf zu machen oder um Leute zu erpressen. In unseren Gründungsstatuten heißt es beispielsweise, dass wir keine direkten Aktivitäten mit dem Militär entwickeln dürfen. Vielleicht müssen wir die Schüler stärker darauf aufmerksam machen, dass sie bei der Entwicklung ihrer Ideen die Ethik im Blick behalten. Technologie ist nur ein Werkzeug.
Kann die Digitalisierung als Motor für mehr Nachhaltigkeit dienen, nicht nur als Selbstzweck?
Kürzlich wurden die Nachhaltigkeitsziele für die Generalitat definiert. Im Jahr 2020 wird diese Universität 50 Jahre alt. Alle Ingenieursschulen wurden gebeten, darüber nachzudenken, welche Ziele der globalen Nachhaltigkeit mit der Technologie der einzelnen Bereiche erreicht werden können. Es ist klar, dass Telekommunikationstechnologien allem dienen, insbesondere um Nachhaltigkeit oder Energieeffizienz zu fördern.
Wenn die Heiligen Drei Könige Ihnen viel Geld schenken würden, in was würden Sie investieren?
Ich antworte als Dekan der EETAC… er lacht
Moment: Sie als Ingenieur glauben an die Heiligen Drei Könige?
Natürlich! Er lacht. Ich habe selbst Kinder. Persönlich habe ich die besten Erfahrungen mit ihnen gemacht. Es sind wundervolle Träumereien. Die Frage ist schwer zu beantworten. Hochschulbildung in allen Ländern der Welt sollte ein Grundprinzip sein, um allen Kindern auf der Welt Chancengleichheit zu ermöglichen. Es wäre fabelhaft, wenn jedes Kind, das lernen, studieren und sich darauf vorbereiten möchte, einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten, dies tun könnte. Dies würde Investitionen in Schulen, Infrastruktur, Lehrer, Stipendien und was auch immer erfordern. Dann findet jeder seinen Platz in der Gesellschaft.
Herr Alonso, wir danken für den anregenden Gedankenaustausch.
Info: https://www.upc.edu/es
von Ina Laiadhi
Schlagwörter: Interviews, Moderne Welt