Trinkwasser
Allgemeingut für alle oder Handelsgut für wenige?
In Barcelona flatterten im September 2020 gesalzene Wasserrechnungen ins Haus. Preiserhöhungen von bis zu 19% waren für viele ein Schock und für einige eine echte Herausforderung. Wie so oft folgte ein medialer Schlagabtausch, die Stadt Barcelona bzw. Àrea Metropolitana de Barcelona (AMB) und Aigües de Barcelona schoben sich gegenseitig den schwarzen Peter zu. In den finanziell ohnehin schwierigen Pandemiezeiten war das unschön, die Beträge waren aber bereits vom Konto abgebucht, Endverbraucherinnen und -verbraucher guckten in die Röhre. Was, wenn man sich Trinkwasser in Zukunft nicht mehr leisten kann?
Seit Jahren ist die Privatisierung des Trinkwassers Thema, denn der weltweite Wasserverbrauch steigt jährlich und das kostbare Nass bietet auch deshalb hohe Investitionsrenditen. In einigen Ländern dominieren einige wenige Konzerne wie Suez, zu dem Aigües de Barcelona gehört. In Deutschland hingegen lag 2020 die Trinkwasserversorgung (70%) und Abwasseraufbereitung (90%) vorrangig in öffentlich-rechtlicher, kommunaler Hand. Neben Berlin, das sich 2011 per Volksabstimmung für eine Re-Kommunalisierung entschlossen hatte, wurden auch in einigen anderen Städten weltweit Teilprivatisierungen rückgängig gemacht.
Bürgerprotest auf EU-Ebene hat sich gelohnt
Im Rahmen der Europäischen Bürgerinitiative können EU-Bürgerinnen und Bürger die EU-Politik zumindest ein Stück weit mitgestalten, einen Impuls geben. Right2Water (www. https://www.right2water.eu) war 2013 die erste erfolgreiche Europäische Bürgerinitiative, die die notwendigen Unterschriften zusammenbekam – immerhin mindestens 1 Million! Die Europäische Kommission war somit aufgefordert, sich zu Wasser und sanitärer Grundversorgung als Menschenrecht zu äußern, und gegebenenfalls neue Rechtsvorschriften auf den Weg zu bringen. Die Tagesschau berichtete bereits 2013, dass sich die Europäische Kommission im Streit um eine drohende Privatisierung der Trinkwasserversorgung dem Bürgerprotest gebeugt hätte. Die Antwort der Kommission war jedoch verhalten und verwies zunächst auf den Kompetenzbereich der EU-Mitgliedstaaten. Der Druck der Zivilgesellschaft erwies sich aber als stärker. Im Dezember 2020 war es dann so weit, das Europäische Parlament verabschiedete die Neufassung der EU-Trinkwasserrichtlinie.
Gerade in Deutschland fand das Thema damals viel Resonanz. Es standen vor allem Preissteigerungen und die Verschlechterung der Wasserqualität durch Privatisierungen zur Debatte. In anderen Ländern wiederum mögen private oder öffentlich-private Betreiberfirmen die Wasserversorgung verbessern können. Die Datenlage ist genauso vielschichtig wie die wirtschaftlichen Interessen und parteipolitischen Standpunkte. Fakt ist aber, dass niemand ohne Wasser leben kann und genau deshalb sollte das Recht auf gesundes Trinkwasser für alle gelten.
Von Kolja Bienert, Mai 2021
Infos
Alle Details zur Europäischen Bürgerinitiative Right2Water und den erreichten Folgemaßnahmen : https://europa.eu/citizens-initiative/water-and-sanitation-are-human-right-water-public-good-not-commodity_de.
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/weltwassertag-geschaeftsmodell-wasser-1.4853558
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/wasser-eu100.html
Schlagwörter: Umwelt