Wasser, ein heißes Thema
Wenn Fische sterben müssen, damit das Wasser für die Menschen reicht, dann ist die Natur gehörig in Schieflage geraten.
Dürreperioden waren schon immer ein Thema, mit dem sich Spanien auseinandersetzen muss. Doch nach mittlerweile 29 Monaten Trockenheit und ohne Aussicht auf Besserung ist die Dürre in Katalonien zum Politikum geworden. Nachbar-schaftsvereinigungen, Ökologische Zusammenschlüsse und Naturschutzverbände schreiben Petitionen an die Parteien, die sie damit im Hinblick auf die Kommunalwahlen in Zug-zwang bringen wollen.
Ein Gesetz gegen die Trockenheit wurde gerade vom Parla-ment bestätigt. Die Eckdaten sind Schutz der Versorgung und Vereinfachung der Verfahren, aber auch Aussetzungen von Wasserlieferungen bis zu 48 Stunden für alles, was nicht unmittelbar die menschliche Versorgung betrifft, Strafandro-hung bis zu 150.000€ für Wasserverschwendung und 10.000€ Strafe für Gemeinden mit mehr als 20.000 Einwoh-nern, die noch keinen Plan zur Wassereinsparung vorgelegt haben. Für den 31. März wurde ein Gipfeltreffen zum Thema Trockenheit anberaumt.
Die Stauseen, die Katalonien mit Trinkwasser versorgen, führen nur noch 27% des möglichen Wasservorrats. Im Ver-gleich dazu waren es im Vorjahr noch 52%, also fast doppelt so viel. Die nächsten zwei Monate werden entscheidend sein, denn sie könnten noch Regen bringen. Danach kommt der Sommer, mit den von Urlaubern so geschätzten sicheren Sonnenstunden, die durch hohe Verdunstung und zu erwar-tende Waldbrände das Problem vertiefen. Auch jetzt noch vor dem Sommer muss schon Schadensbegrenzung betrie-ben werden. Nach der großen Dürre von 2008 ist viel in die Wasserversorgung investiert worden. Es gibt zwei große Entsalzungsanlagen im Großraum Barcelona und Wasserauf-bereitungsanlagen. Doch trotz des hohen Durchsatzes reicht das Wasser nicht, um die Stauseen zu entlasten.
Aktuell macht der Pantano de Sau Negativschlagzeilen. Ei-gentlich ist er ein viel empfohlenes Ausflugsziel nördlich von Barcelona bei Vic gelegen. Der Ort Sant Romà de Sau war ein kleines Dorf, das Anfang des 10. Jahrhunderts gegründet wurde. Im 11. Jahrhundert erhielt er eine romanische Kirche mit einem hohen Glockenturm. Das im 19. Jahrhundert fast entvölkerte Dorf fiel 1942 den Plänen zum Opfer, hier einen Stausee zu bilden, der Barcelona mit Wasser versorgen und zudem zur Stromgewinnung dienen sollte. 1962 waren die Arbeiten fertiggestellt und ab 1966 war das gesamte Dorf mit Wasser bedeckt. Seitdem wartete der Pantano de Sau mit dem Schauspiel auf, dass je nach Wasserstand der Kirchturm und Teile der Kirche wieder auftauchten, ähnlich wie das versunkene Dorf Aceredo, von dem wir im letzten März im TaschenSpiegel berichteten. Die Kirche von Sant Romà de Sau wurde sogar für das Guinnessbuch der Rekorde regis-triert als älteste intakte geflutete Kirche.
Das Drama, das sich derzeit an diesem beschaulichen Ort abspielt, ist jedoch ganz anderer Natur. Die Kirche steht der-zeit vollkommen frei. Der Stausee, der zusammen mit dem von Susqueda und Pasteral ein Verbundsystem bildet, ist nur noch zu 10% gefüllt. Um die Wasserqualität zu erhalten, hat man beschlossen, vorsorglich das Wasser freizusetzen und in den Stausee von Susqueda einzuleiten. Das Wasser soll so-lange abgeleitet werden, wie die Wasserqualität nicht beein-trächtigt ist. 0,5 Kubikhektometer verlassen das Becken täg-lich. Man spricht hier immerhin von einer Gesamtmenge, die bis zu 1 Million Menschen für 3 Monate versorgen könnte. Aufgrund des gesunkenen Wasserpegels ist der Sauerstoff-gehalt im Wasser rapide zurückgegangen, deswegen ist ein Fischsterben zu befürchten. Beließe man die Fische in dem Becken, würde die Vielzahl der toten Fische das Wasser kon-taminieren, so dass es nicht mehr für die Trinkwasserversor-gung eingesetzt werden könnte. Um diesem vorzubeugen, wird der Pantano de Sau derzeit abgefischt und die Fische werden getötet. Es wird argumentiert, dass die Fische gar nicht ursprünglich in dieses Staubecken gehören. 9 von 10 Arten seien exotisch und müssten deswegen aus arten-schutzrechtlichen Gründen sowieso dezimiert werden, um einheimische Arten zu erhalten. Aber seien wir doch ehrlich, die Fische müssen weichen, damit der Mensch genug Trink-wasser bekommt, das er dann gar nicht unbedingt trinkt, sondern in seinen Swimmingpool füllt, seinen Tennisplatz besprenkelt oder seinen Golfplatz beregnet.
Hier muss wirklich ein Umdenken stattfinden. Vorschläge gibt es genug. Private Brauchwasseranlagen sollten so natürlich sein, wie die Photovoltaik auf dem Dach. Das Wasserversor-gungsnetz sollte regelmäßig öffentlich und unabhängig audi-tiert werden. Industrieanlagen sollten unter diesem Aspekt neu bewertet werden und auch das Agrarwesen muss end-lich umstrukturiert werden. Aber auch jeder einzelne von uns sollte nicht erst auf die Restriktionen von oben warten, bevor er mit dem Wassersparen beginnt.
Der richtige Zeitpunkt ist jetzt!
Von Kati Niermann, April 2023
Schlagwörter: Moderne Welt, Umwelt