Die Bäume unseres Waldes – eine Auslese
Ausgerechnet in unserer von Technik geprägten Zeit, entdecken Spitzenmediziner wieder die natürliche Kraft der Bäume.
Nicht nur Bäume können ein hohes Alter erreichen, das weit über das Hundertfache hinausgeht, auch ihr Holz kann unglaubliche Zeiträume unbeschadet überdauern. Asiatische Holztempel haben fast zwei Jahrtausende schadlos überstanden. Von buddhistischen Mönchen kunstvoll auf und aus mächtigen Baumstämmen gebaut, künden solche menschlichen Monumente von all den Möglichkeiten, die in den Bäumen verborgen liegen.
Die Tanne
500 Jahre und mehr sind für die Tanne keine Seltenheit, wenn ihr der Boden und das Klima behagen. Junge Tannen wachsen langsamer als andere Nadelbäume, dafür können sie aber auch mit sehr wenig Licht auskommen. Geduldig wachsen sie zu wahren Riesen heran.
Tannenwurzeln gehen in die Tiefe und gehören zu den wichtigen Sturmankern der Wälder.
Tannennadeln verrotten leichter als Fichten- oder Kiefernadeln und bilden den nährstoffreichen Humus. Die Tanne kann fast ein Jahrtausend überdauern, strahlt Geduld aus und lehrt den Menschen Gelassenheit und Muße. Tannen sind die mächtigsten und beständigsten Vertreter unserer heimischen Nadelbäume.
Das Holz der Tanne wird zur Papierherstellung verwendet. Große Bedeutung hat die Tanne als Weihnachtsbaum. Besonders Dänemark liefert jedes Jahr mehrere Millionen der berühmten “Nordmann-Tannen” in die ganze Welt.
Die Fichte
Ihr offizieller botanischer Name lautet “Gemeine Fichte” (Picea abies). Wegen ihrer rotbraunen Rinde wird sie auch Rotfichte genannt. Sie erreicht ein Lebensalter von bis zu 300 Jahren und eine Höhe bis zu 50 Meter. Ihre Baumkrone ist kegelförmig und läuft nach oben spitz zu. Die Fichte gehört zu denjenigen, die im kühleren Klimabereich ausgeglichene Böden bewahren. Als Flachwurzler ist sie auf den meisten Böden über die stützende und bereichernde Begleitung tiefwurzelnder Mischbaumarten dankbar.
Die Fichte ist für die Menschen ein Baum der Harmonie.
Fichtenklangholz, ein Juwel aus dem Bergwald
Ob Geigen, Klaviere oder Gitarren: Viele Musikinstrumente werden mit dem seltenen Holz einer häufigen Baumart gebaut: mit Fichten-Klangholz. Wer dem Klang einer Geige oder einer Gitarre lauscht, hört nicht die Saiten, sondern die Schwingungen der Resonanzdecke aus Fichtenholz, die diese wie ein vibrierendes Trommelfell in die Luft überträgt. Bis zum heutigen Tag gibt es weder ein anderes Holz noch ein synthetisches Produkt, das die Fichte beim Bau von qualitativ hochwertigen Instrumenten ersetzen könnte.
Die Kiefer (pinus)
Weltweit gibt es rund 100 Arten (z.B. Waldkiefer, Bergkiefer oder Rot- und Schwarzkiefer), die sich auf die gesamte Nordhalbkugel verteilen. Mancherorts nennt man die Kiefer auch Föhre.
Kiefern stellen hinsichtlich Wasser, Boden und Temperatur derart niedrige Ansprüche, dass sie selbst in den kältesten Forstregionen der Welt wie in Sibirien noch Lebensräume finden. Nach der Fichte stellen sie die häufigste Baumart in Europa dar. Sie gilt unter Fachleuten als Baum der Zukunft, da sie trockene und frostige Wetterperioden gut übersteht, was nicht unwichtig angesichts des Klimawandels ist. Früher wurde sie vor allem wegen ihres hohen Harzgehaltes angebaut, heute ist sie neben der Fichte eines der wichtigsten Nadelhölzer.
In der Forstwirtschaft ist Kiefernholz aufgrund seiner Eigenschaften das mit Abstand wichtigste und am häufigsten verwendete. Es wächst vergleichsweise schnell, ist äußerst stabil sowie resistent gegen fast alle Holzfraßschädlinge, und so ideal als Bauholz einzusetzen.
Aufgrund des hohen Alters (700 Jahre, vereinzelt auch älter) hat die Kiefer in vielen Ländern symbolträchtigen Charakter. Speziell im asiatischen Raum wie in Japan oder China sind immergrüne Kiefern Symbol für Beständigkeit und ein langes Leben.
Die Lärche
Die Lärche ist eine Stütze für die anderen Waldbäume. Heftige Stürme können ihr nichts anhaben. Sie kann bis zu 1000 Jahre alt werden. In den allerhöchsten Gebirgswäldern im Kampf gegen Kälte, Schneestürme und Lawinen ist sie ebenso anzutreffen wie in tiefen, warmen und trockenen Lagen. Sogar heiße Sommer verkraftet sie. Die jungen Pflänzchen brauchen viel Licht, da die Lärche besonders in der Jugend schnell wächst. Wenn sie noch dazu auf einem guten Boden steht, kann sie locker 50 Meter hoch werden. Die kurzen Nadeln stehen in Büscheln von 20 bis 50 Nadeln, und sie ist der einzige Nadelbaum, der die Nadeln zum Schutz vor winterlichem Vertrocknen abwirft. Spektakulär ist ihre Goldfärbung im Herbst.
Lärchenholz ist eines der härtesten und dauerhaftesten heimischen Hölzer und eignet sich hervorragend für Zäune, Fassaden und Gartenmöbel, aber auch für Bauten im Wasser.
Die älteste aus Lärchenholz geschnitzte Skulptur, das Schigir-Idol, wird auf etwa 11.000 Jahre datiert. Das einst wohl über fünf Meter hohe Idol erinnert an andere Holzskulpturen, die in Nordeuropa gefunden wurden. Das Schigir-Idol ist im Sverdlovsk Museum in Jekaterinenburg ausgestellt.
Die Zirbe oder Zirbelkiefer, ein Zauberbaum
Die Zirbe ist ein Baum der Berge. Sie steht als letzter Baum an der Baumgrenze, in extremer Lage, ab 1800 Meter aufwärts. Manchen markanten Baumgestalten sieht man an, dass sie schon einiges erlebt haben in ihrem Baumleben. Eisige Winter, Blitzschlag und Höhenstürme haben Stamm und Krone gezeichnet. Schnitzer lieben ihr butterweiches, samtiges Holz, aus dem sie wunderschöne Kunstwerke fertigen. In der Wohnung kommt Zirbenholz vor allem für Möbel und Wandverkleidungen in Frage. Das anfänglich helle Holz nimmt im Laufe von Jahrzehnten unter Lichteinfluss immer dunklere Rottöne an.
Ein großartiger und praktischer Nutzen ergibt sich aus den ätherischen Ölen, die das Zirbenholz enthält. In Zirbentruhen und -schränken sind Getreide, Lebensmittel, aber auch Kleider vor Wurm und Motten gut geschützt. Das Ungeziefer mag den Geruch der Zirbe nicht. Diesen Vorteil machten sich unsere Vorfahren in den Alpen schon seit Jahrhunderten zum Nutzen. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die ätherischen Öle eine positive Wirkung auf den menschlichen Organismus haben. Zum Beispiel ist der Schlaf in einem Zirbenbett erholsamer als in einem anderen Bett. Außerdem hat das harzreiche Zirbelholz eine sehr gute Fähigkeit, Strahlen von Mikrowellen aufzunehmen und abzuschirmen. In einer geschlossenen Zirbenstube ist der Handy-Empfang so gut wie unmöglich.
Die Zeder
Man kennt sie in Österreich seit dem 19. Jahrhundert: die Atlas-Zeder, die vor allem gerne und viel um den Bodensee wächst. Eigentlich kommt die Zeder aus dem nordafrikanischen Atlas-Gebirge, bei uns vergesellschaftet sie sich gerne mit Tannen. Der Baum erreicht bis zu 40 Meter Wuchshöhe. Je älter er wird, desto verwachsener gestaltet er sich, oft entwickelt er mehrere Stämme.
Zedernholz wurde in der Vergangenheit häufig zur Konstruktion von Dachgiebeln, Türen und Toren verwendet, aber auch zu kunstvollen Holzschnitzereien verarbeitet. Bekannt ist auch das hocharomatische ätherische Zedernöl, das unter anderem antibakteriell und entzündungshemmend wirkt und schon in der Antike als Basis vieler Duftmischungen diente.
Die Eiche
Die Zahl der verschiedenen Eichenarten schwankt zwischen 600 und 1000. Auffallend ist ihr genial ausgeklügeltes Wurzelsystem. Eine flache Wurzelschicht, die knapp unter der Erdoberfläche verbreitet wird, nutzt im Frühjahr die erste Wärme und die Sauerstoffzufuhr. Darüber hinaus wird eine viel kräftigere Pfahlwurzel tief in das Erdreich hinabgetrieben. Dort unten gibt es auch in heißen, trockenen Klimaregionen im Sommer Feuchtigkeit. Dieses System nutzt die knappen Ressourcen bestens und ermöglicht das Wachstum mächtiger Baumriesen. 1000 Jahre alte Eichen sind zwar selten, aber nicht unüblich. Auch erdzeitgeschichtlich liegt die Eiche ganz vorne. Belegt sind Fossilfunde von mindestens 10 Millionen Jahren. Alles an diesem Baum wirkt dauerhaft und kraftvoll. Eigenschaften, aus denen wir Menschen Geduld und Kraft schöpfen können. Durch ihre majestätische Erscheinung wird sie auch als “Königin des Waldes” bezeichnet. Unter der Eiche wurden viele Jahrhunderte lang Urteile gesprochen. Die der Eiche zugesprochenen Eigenschaften sollten sich positiv auf die Gerechtigkeit der Urteile auswirken.
Die Eiche war bei den Kelten und Germanen ein heiliger Baum und auch die Plätze, an denen sie standen, galten als heilig. Die Germanen weihten den Baum dem Gott Thor. Die Griechen weihten die Eiche dem Zeus. Auch für die Römer war die Eiche bedeutsam, denn sie banden aus ihren Blättern die “corona civica”, die sogenannte Bürgerkrone, eine hohe Auszeichnung für militärische Dienste. Seit dem 18. Jahrhundert gilt die Eiche als der deutsche Nationalbaum.
Nach dem Deutsch-Französischen Krieg (1870 – 1871) wurden überall in Deutschland Friedenseichen gepflanzt. Das geschah in der Hoffnung, dass der Frieden zwischen den Ländern so lange gewahrt bleiben möge, wie ein Eichenbaum lebt.
Im Herbst verliert sie ihre Blätter und ihre Früchte, die Eicheln, die von Wildschweinen geliebt und von Eichhörnchen und Wühlmausen als Wintervorrat gesammelt werden.
Das Holz der Eiche ist ein wertvolles Nutzholz und wird gerne für Möbel und Parkettböden verwendet. Auch verrottet Eichenholz nicht, solange es ohne Sauerstoff dauerhaft unter Wasser gehalten wird. So sind zum Beispiel in der niederländischen Stadt Amsterdam die Häuser entlang der historischen Grachten komplett auf Eichenpfählen errichtet. Auch die Hamburger Speicherstadt wurde auf Hunderten von Pfählen aus Eichenholz erbaut. Eichenholz ist auch für Flüssigkeiten dicht, aber gleichzeitig atmungsaktiv. Deshalb reifen Wein, Whisky und Cognac am besten in Eichenfässern.
Eine der ältesten Eichen in Europa steht in Bad Blumau in der österreichischen Steiermark. Ihr Alter wird auf über 1200 Jahre geschätzt. In dem Ort Granit in Bulgarien steht eine weitere Eiche, die mit angegebenen 1640 Jahren wohl als ältester Laubbaum Europas und als älteste Eiche der Welt gilt.
Als älteste Eiche von Deutschland gilt die sogenannte Femeiche, die in Erle im Kreis Borken in der Nähe der Pfarrkirche zu finden ist. Ihr Alter liegt zwischen 600 und 850 Jahren. Bis zum 16. Jahrhundert wurden unter ihr die Femegerichte abgehalten.
Die Esche
Mit ihrer Fähigkeit, Extreme zu verbinden, ist die Esche ein Symbol für starke Willenskraft. Für das Wachstum der Esche ist der Wassergehalt des Bodens entscheidend. Nur mit ausreichender Versorgung gedeiht der Laubbaum. Weiterhin kann sie ihr Wachstum alleinstehend besser entfalten, da die Buche ihr als Nachbar das nötige Sonnenlicht sowie viele Nährstoffe aus dem Boden raubt. Die Esche zählt mit der Wuchshöhe von bis zu 40 Metern und mehr zu den größten Bäumen Europas. Die Blütezeit der Esche stellt eine Besonderheit dar. Sie erfolgt noch vor dem Blattaustrieb. Somit blüht der Laubbaum schon recht früh von März bis Mai.
Eschenholz ist sehr wertvoll und war für die Möbelindustrie schon seit Jahrhunderten ein wichtiges Holz, denn es ist besonders elastisch und biegsam, gleichzeitig aber sehr hart.
Im Mittelalter wurde es aufgrund seiner Eigenschaften gerne für Lanzen, Speere und
landwirtschaftliches Gerät verwendet. Heute stellt man Sportgeräte wie Bögen daraus her, die eine besondere Biegsamkeit erfordern oder verarbeitet es zu hochwertigen Möbeln und Bodenbelägen.
Die getrockneten Blätter der Esche können außerdem als Tee bei Rheuma und Gicht, Blasen- und Nierenleiden sowie Fieber verabreicht werden.
In der nordischen Mythologie spielt die Esche als Weltenbaum eine zentrale Rolle. Diese immergrüne Esche, deren Krone bis weit in den Himmel ragt und deren Wurzeln tief unter die Erde eindringen erhielt den Namen “Yggdrasil”, die Weltenesche, die Himmel und Erde verbindet und als Symbol für das Leben gilt.
Die Birke, der Pionierbaum
Die Birke ist mit ihren herabhängenden Zweigen ein schöner, anmutiger und eleganter Baum und ist leicht an ihrer typisch schwarz-weißen Rinde zu erkennen. Das Wort Birke stammt von dem indogermanischen Wort “bherek“ ab, das so viel wie hell und glänzend bedeutet und sich auf die weiße Rinde bezieht. Weil Birken nicht über Insekten, sondern ausschließlich über den Wind bestäubt werden, geben sie im Vergleich zu anderen Bäumen große Mengen an Pollen frei. Sowohl diese effektive Vermehrung als auch die geringen Bedürfnisse, die eine Birke an ihre Umwelt stellt, sind die Gründe weshalb Birken als Pionierpflanzen gelten. Beim Besiedeln neuer Lebensräume sind junge Birken unersetzlich.
Die Birke ist der Baum der Fantasie. Bei den Germanen war sie ein heiliger Baum, der den Frühling und die Jugend symbolisiert. Schon damals holten die Menschen im Frühling eine Birke aus dem Wald und stellten sie mitten im Dorf auf. Daraus entstand auch das Brauchtum der Maibäume, die noch heute in West- und Süddeutschland, begleitet von einem großen Fest, auf einem zentralen Platz in Dörfern oder Städten aufgestellt werden.
Die Tradition der Liebesmaien ist ebenfalls in etlichen Regionen sehr beliebt.
So werden kleine junge Birken oder Birkenzweige, bunt geschmückt, in der Nacht zum 1. Mai von unverheirateten Männern vor die Häuser ihrer Angebeteten gestellt.
Das Holz der Birke verströmt im Innenausbau das Flair von skandinavischer Lebensfreude.
Die Extrakte aus den Blättern und der Rinde der Birke sind wertvolle Pflanzenstoffe, die in der Kosmetik zur Pflege von Haut und Haar eingesetzt werden. Medizinisch können sie entzündungshemmend wirken, und bei Entgiftungskuren ist der Birkenblättertee unersetzlich.
Die Pinie oder Mittelmeerkiefer (pinus pinea)
Sie gehört zur Gattung der Kiefern und ist ausschließlich im gesamten Mittelmeerraum beheimatet. Meist wächst sie wild und in Gesellschaft mit Strandkiefern und mediterranen Eichen und anderen Gehölzen. Sie bildet die so typische schirmförmige Krone mit langen, weichen und leuchtendgrünen Nadeln. Bis zu 30 Meter hoch kann sie werden.
Erst nach etwa zwanzig Jahren trägt sie Zapfen mit den begehrten Pinienkernen. Ein Zapfen benötigt noch einmal drei Jahre bis zur Reife. Das Ernten von Pinienkernen ist mühsam. Die Zapfen müssen von Hand geerntet werden, und die Pflücker klettern in die hohen Bäume und stoßen die Zapfen einzeln mit Stöcken herunter.
Die Pinie wurde erstmals bei Homer erwähnt. Doch auch die alten Römer kultivierten die Pinie wegen ihrer essbaren Samen, die sie gerne in Honig einlegten. Nicht nur die Pinienkerne wurden medizinisch im alten Rom gegen Magenbrennen und Nierenleiden eingesetzt, sondern auch das Harz, das die Durchblutung fördert und bei Husten oder Wunderkrankungen eine heilende Wirkung hat.
Die Italiener nennen die Pinienkerne liebevoll “Pinoli”, stellen Süßigkeiten daraus her oder fügen sie geröstet Pastagerichten bei. Unerlässlich sind sie bei der Herstellung des bekannten Pestos.
Im Altertum galten Pinienzapfen übrigens als Symbole der Auferstehung und der Unsterblichkeit, als Ornamente für Gräber und Gärten wurden sie in stilisierter Form oft in Stein gearbeitet.
von Petra Eissenbeiss
Schlagwörter: Umwelt