Die Macht der Medien
Die Macht der Medien wird meistens unterschätzt. Täglich hören wir im Radio, sehen im Fernsehen oder lesen im Internet und in Zeitungen Nachrichten und unterhaltende Beiträge aus der ganzen Welt. Doch sie können manipuliert sein und uns manipulieren, ohne dass wir das merken. Hierzu einige Beispiele.
Die Vierte Gewalt
Medien üben Macht aus, da sie unsere Wahrnehmung steu-ern. Da wir alle täglich Medien konsumieren, beeinflussen sie uns Tag für Tag. Oft wird daher auch von der vierten Macht, der Vierten Gewalt im Staate gesprochen (neben Legislative, Exekutive und Judikative). Medienschaffende – auch wir hier im Taschenspiegel – entscheiden, was veröffentlicht wird und was nicht; sie entscheiden, welche Themen und wie sie be-handelt werden. Die Mediennutzer*innen sind in diesen Prozess nicht eingebunden – sie nehmen das auf, was ihnen durch die Medien vorgesetzt wird, können höchstens „aus-schalten“.
Durch Themen-, Wort- und Bildauswahl wird das Interesse der Medienkonsument*innen geweckt und auf das gelenkt, was der Medienschaffende zeigen will. Die Möglichkeit eines Missbrauchs dieser diskursiven Macht ist gegeben, und nur selten wird diskutiert oder gar „entlarvt“, was hier Realität oder Fiktion bzw. Halbwahrheit ist. Aus der deutschen Ver-gangenheit und aktuell aus anderen Ländern kennen wir außerdem Beispiele der staatlichen Zensur, welche die Ver-öffentlichung bestimmter Inhalte komplett unterdrückt. Wo bleibt da das Recht auf Pressefreiheit, welches zu den Grundrechten gehört? Andererseits können die Medien durch manche Freiheiten vor allem Kindern und Jugendli-chen schaden und sie müssen daher staatlich kontrolliert werden.
Medien als wirtschaftliche Macht
Medienunternehmen sind Firmen eigener Art, aber auch sie müssen wirtschaftlich arbeiten. Nicht nur private, auch öf-fentlich-rechtlich verfasste Unternehmen wie ARD und ZDF zählen dazu; letztere erheben sogar durch ihre Gebühren-einzugszentrale eine Art Mediensteuer. Die Medienunter-nehmen produzieren und vertreiben Information, Spiel- und Dokumentarfilme, Unterhaltung, Sport, Musik, Werbung, und alle betreiben inzwischen Internetseiten. Sie alle nehmen also Einfluss auf Informationsstand, Meinungen, Freizeit- und Konsumverhalten der Öffentlichkeit.
Die technische Entwicklung und der wirtschaftliche Konkur-renzdruck sorgen seit den 1980er Jahren für immer mehr Kooperationen untereinander, oft auch zu wirtschaftlichen Fusionen und Aufkäufen. Durch diese Konzentrationsprozes-se auf nationaler und internationaler Ebene entstehen inter-national agierende Medienunternehmen mit undurchsichti-gen und staatlich nicht mehr kontrollierbaren Verflechtun-gen. So gibt es zwar im deutschsprachigen Raum 650 ver-schiedene Tageszeitungen, doch diese Vielfalt ist nur eine scheinbare. Die Besitzverhältnisse und die gegenseitigen Firmenbeteiligungen lassen diese beeindruckende Zahl schnell in den unteren zweistelligen Bereich schrumpfen. Als ein Beispiel, das in den deutschen Nachrichten oft zitiert wird, sei die Funke-Mediengruppe genannt, die auf ihrer Internetseite als ihre Geschäftsfelder „Print, Digital, Radio, Druckhäuser, Logistik“ nennt und so unterschiedliche Zeit-schriften wie Gong, Frau im Spiegel und Hamburger Abend-blatt und auch österreichische Zeitungen besitzt.
Im September 2009 fand eine Tagung der deutschen Presse-Grossisten statt. Grossisten wickeln den Vertrieb ab, sorgen also dafür, dass die Presseerzeugnisse in die Regale der Buchläden, Kioske und Supermärkte gelangen. Heißestes Thema auf dieser Tagung war eine Allianz von Burda (u.a. Bunte, Freizeit-Revue, Focus) und der Funke-Mediengruppe. Ein Zusammenschluss würde den bundesweiten Markt sofort mit 21 Prozent abdecken. Spitzenreiter in diesem Segment war die Axel Springer AG mit 28 Prozent, dank ihres Zugpfer-des Bild. Im Jahr 2014 erwarb die Funke-Mediengruppe Teile des Springer-Zeitschriftenportfolios und ist jetzt auf dem Weg zum „besten nationalen Medienhaus“.
Eine ähnliche Entwicklung gibt es beim Buchhandel: Von der Konzentration profitieren Giganten wie Thalia oder Hugen-dubel, kleine Buchläden müssen schließen. Das Nachsehen hat die medienkulturelle Vielfalt. Diese zahlt den Preis für die ausschließlich auf wirtschaftlichen Erfolg ausgerichtete „Ökonomiekultur“ der großen Ketten und Internetshops.
Politischer Einfluss
Die wirtschaftliche Konzentration wirkt sich auch zu Ungunsten der Meinungsvielfalt aus. Die führenden Medienkonzerne setzen sich erfolgreich gegen jede wirtschaftliche und politische Beschneidung ihres Wachstums zur Wehr. Dies führt dazu, dass die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung von Medienkonzentration und zur Reduktion von Medienmacht – sofern sie überhaupt politisch durchgesetzt worden sind – wenig bis gar keine Wirkung erzielen.
Da die meisten Medienkonzerne in den USA sitzen, bestimmen sie (auch bei uns) die Perspektive und die Themen. Werden wir nicht immer bestens informiert über Anschläge, Hurrikans oder Amokläufe in den USA? Klar, das ist schlimm, aber was ist mit den Menschen, die andernorts bei Rebellenaufständen ums Leben kommen? Was mit denen, die täglich irgendwo jämmerlich verhungern? Sie scheinen alle nicht erwähnenswert zu sein. So erfahren wir regelmäßig von den zahlreichen Opfern der Wirbelstürme in den USA, aber so gut wie nichts über die verheerenden Auswirkungen der selben Wirbelstürme auf die armen Karibikstaaten Haiti und Kuba. Die Berichterstattung ist oft einseitig auf die USA fixiert, auch und gerade in den Internetnachrichten.
Kontrolle der Medien
Während das Phänomen der Medienkonzentration unstrittig ist, werden ihre möglichen negativen Folgen in der Regel verharmlost oder in der öffentlichen Wahrnehmung sogar völlig ausgeblendet. Damit sind wir wieder beim Thema „Medien steuern die Wahrnehmung“. Die Medien reflektieren selbst kaum über ihre Macht und stellen die Konsequenzen ihres Tuns selten öffentlich dar, geschweige denn dass sie es ethisch bewerten – hier stoßen die Medien an ihre Grenzen und werden Teil des Problems, welches die Informationsgesellschaft aufwirft. Wenn wir europäische Kulturstandards bewahren wollen, wird die Kontrolle der Medienmacht eine der größten Aufgaben, die wir gesellschaftspolitisch in den nächsten Jahrzehnten leisten müssen.
Von Dr. Katharina Städtler
Links
www.funkemedien.de/de/das-unternehmen/
https://enriquebullido.com/grupos-y-medios-de-comunicacion-en-espana-en-2019/
Schlagwörter: Europa, Kultur