Warnung: Coronaviril
Die schwierigen Monate der Ausgangsbeschränkungen haben viele von uns sehr unterschiedlich erlebt. Wir leben im Ausnahmezustand. In Spanien bis Ende Juni sogar noch im Alarmzustand.
Es sind ganz neue Situationen auf uns zugekommen, auf die wir Frauen und Männer nicht vorbereitet waren. Ein unsichtbarer Feind muss gemeinsam bekämpft werden. Nur wenn alle mitmachen, kann es gelingen. Plötzlich sollen wir, wenn möglich, zuhause bleiben. Viele Berufstätige, die jetzt systemrelevant eingestuft werden, müssen jedoch weiter an die Front. Der Frauenanteil in diesen Berufen liegt bei knapp 75 Prozent. Als Krankenpflegerinnen und Ärztinnen kümmern sie sich um die Corona Erkrankten. Kassiererinnen „halten den Laden am Laufen“, sagte Angela Merkel. Altenpflegerinnen arbeiten am Limit ohne ausreichenden Schutz. Lehrerinnen sind jetzt herausgefordert, die Schulen wieder zu öffnen. Alle mit hohem Risiko sich selbst zu infizieren Die altmodisch klingende Heimarbeit kommt für viele Berufstätige ins Spiel. Wer irgend kann, soll von zuhause arbeiten. Die digitale Entwicklung macht es möglich. Diese neue Heimarbeit stellt gerade Eltern vor besondere Herausforderungen. Zwar ermöglicht sie Flexibilität, aber viele Eltern sind neben der Arbeit plötzlich als Vollzeitlehrer*innen und Betreuer*innen überfordert und die Küche bleibt durchgängig geöffnet. Die Gewalt gegenüber Frauen und Kindern hat in dieser abgeschlossenen Extremsituation besonders stark zugenommen. Was wird sich für Frauen nach der Coronakrise ändern? Heimarbeit scheint zur Wunderwaffe zu werden. Einige erzkonservative Stimmen erheben sich, um die gerade im Berufsleben erlangten Errungenschaften der Frauen wieder abbauen zu wollen. Eine ganze Berufswelt droht uns verloren zu gehen. Dabei kommen wir nicht aus einer gleichberechtigten Berufswelt, denn „Frauenberufe“ werden schlecht bezahlt. Fürsorge als typisch weibliche Tätigkeit wird von der Gesellschaft geringgeschätzt: Was in der Familie kostenlos geleistet wird, erzielt auch auf dem Arbeitsmarkt keinen entsprechenden ökonomischen Wert. Die Verpackung scheint schon fertig zu sein, damit sich die Frauen darauf einlassen und jetzt die sogenannte Chance ergreifen zuhause zu bleiben, denn die moderne Lebensführung halte sie doch von ihren Kindern fern. Leider gibt es viele Frauen, die auf diese Mogelpackung hereinfallen, weil wir ihnen nicht ausdrücklich genug erklärt haben, dass ganze Frauengenerationen für diese beruflichen Errungenschaften gekämpft haben. Es handelt sich nicht nur um Gehalt oder finanzielle Sicherheit, sondern eben auch um Verantwortung, berufliche Weiterentwicklung und letztlich Aufstiegschancen in die Sphären der Machtentscheidungen. Wir sind mitten in einem historischen Moment in mehrerlei Hinsicht. Bleiben Sie wachsam, damit uns das Errungene nicht abhandenkommt und um bestehende Missstände anzugehen.
Von Ina Laiadhi
Editorial TaschenSpiegel 140, Juni Juli 2020
Schlagwörter: Biografisches, Frauen, Gesundheit