Essen und Trinken im Mittelalter
Die Menschen im frühen Mittelalter waren Selbstversorger und ernährten sich hauptsächlich von dem, was ihnen die natürliche Umgebung bot. Erbsen und Pferdebohnen waren wichtige Lebensmittel für die Bauern. Getreide war ein Grundnahrungsmittel. In den meisten Gebieten wurden Gerste, Hafer, Dinkel und Hirse angepflanzt.
Mit der Einführung von Roggen, hat sich der Getreideanbau während des Mittelalters rasant ausgebreitet. Heute spricht man vom dem “ewigen Roggenanbau” seit dem 10. Jahrhundert. Lein oder Flachs, eine der ältesten Kulturpflanzen der Welt, wurde reichlich angebaut. Das aus den Leinsamen gewonnene Öl fand vielseitige Anwendung: ob als Beimischung für Brot oder aber auch als Korrosionsschutz der Ritterrüstungen. Leinsamen war auch in der Pflanzenheilkunde von Bedeutung. So nutzte Hildegard von Bingen Leinsamenkompressen zur Behandlung von Brandwunden und Ekzemen, Kräutersammler und Bader schworen auf die abführende Wirkung von Leinsamen.
Im mittelalterlichen Europa prägte vor allem der christliche Glaube die Essgewohnheiten der Menschen. An allen Fastentagen war der Verzehr von Fleisch verboten. Das Jahr hatte nicht selten bis zu 150 solcher Tage. An besonders strengen Fastentagen wurde auch auf tierische Erzeugnisse wie Milch, Käse und Eier verzichtet. Stockfisch und Salzhering waren daher als Mahlzeiten zur Fastenzeit in ganz Europa verbreitet. In den bürgerlichen und adligen Familien wurden Mandeln und Mandelmilch als Ersatz für Milch und Eier verwendet.
Durch die zunehmende Verstädterung verdrängte die städtische Esskultur immer mehr die bäuerlichen Essgewohnheiten. Mittelalterliche Städte, die verkehrsgünstig lagen, hatten weltweite Handelsbeziehungen. Über Venedig, Genua und das damalige Konstantinopel wurden Gewürze aus dem Orient eingeführt. Auch Reis, Datteln, Feigen und Rosinen aus dem Mittelmeeraum wurden über die Alpen ins östliche und nördliche Europa oder weiter per Schiff nach Westen über Gibraltar bis nach England transportiert.
Der Gewürzhandel spielte im Mittelalter überhaupt die große Rolle. Durch ihn entwickelte sich der gewaltige Reichtum der Handelsunternehmen der Welser und Fugger mit Sitzen in Augsburg und Nürnberg. Sie überrundeten sogar die Hanse, den erfolgreichen Bund norddeutscher Kaufleute, und übernahmen von ihnen unfreiwillig das Attribut ”Peffersäcke”. Pfeffer war damals der Sammelbegriff für alle Gewürze.
In Klosterküchen würzten findige Mönche ihre Lebkuchen, die sogenannten Pfefferkuchen mit allen Gewürzen, die Venedigs Flotte hergab: Kardamom, Muskat, Zimt, Ingwer, Galant, Anis, Koriander, Nelken, Muskatnuß und Muskatblüte. Und natürlich durfte “schwarzer Pfeffer” nicht fehlen. Während der Fastenzeit verzehrten die Mönche dann ihr “panis piperatus”zum starken dunklen Bier. Die Stadt Nürnberg, zentral an allen Handelsstraßen gelegen, entwickelte sich zur “Lebkuchenstadt”. Der zweite wichtige Rohstoff kam aus der nächsten Umgebung, dem urwalddichten, riesigen Reichswald, der als “Bienengarten” des deutschen Reiches benannt wurde. Wildbienen lieferten Wachs und Bienenhonig, das “süße Gold”. Honig blieb in der Küche und im Lebküchnerhandwerk des Mittelalters der Süßstoff Nummer eins. Ostindischer Rohrzucker war rar und viel zu kostspielig.
Auch Obst und Gemüse kamen in der Stadt immer häufiger auf den Speiseplan. Rüben und Kohl (vor allem als Sauerkraut haltbar gemacht), Lauch, Mangold, Spinat, Rettich, Zwiebeln, Kürbisse, Gurken, Fenchel, Salat, Erbsen, Linsen und Bohnen. Bei den “Herren”, so wurden die Adligen und der höhere Klerus bezeichnet, wurde häufig Fleisch, Geflügel oder Fisch serviert.
Da dem Adel die Jagd vorbehalten war, gab es Wild nur am Herrentisch. Dazu gehörten Hirsche, Rehe, Wildschweine, Hasen aber auch Dachse, Bären oder Eichhörnchen. Wachteln, Rebhühner, Fasane, Wildenten, Tauben sogar Drosseln, Spatzen und Reiher kamen ebenfalls auf den Tisch. Das Fleisch der Haustiere wie Kalb, Rind, Schwein, Schaf und Ziege machte den Großteil der tierischen Nahrung aus, war allerdings den Mönchen verboten. Hühner, Enten und Gänse fanden sich in allen Ständen, bei den Adligen auch Schwäne und Pfauen. Eier waren an Festtagen sehr beliebt, obgleich sie von den ärmeren Bauern eher verkauft wurden. Fische waren eine typische Fastenspeise. Während die Bauern die Fische aus den umliegenden Gewässern aßen, standen Edelfische wie Aal oder Hecht auf dem Speiseplan der Adligen. Um den Bedarf zu sichern, wurden seit dem 13. Jahrhundert Karpfen und Hechte gezüchtet.
Die Entstehung der vielen Klöster im Mittelalter hat der Karpfenzucht zu großem Aufschwung verholfen. Aus dem 16. Jahrhundert stammen auch die ersten Bücher über die Teichwirtschaft.
Milch- und Käsespeisen waren besonders im Alpenraum beliebt. Käse wurde in der gehobenen Küche teilweise als Vor- oder auch auch als Nachspeise serviert. Der Zürcher Gelehrte Stucki weist am Ende des 16. Jh. darauf hin, dass die alten Eidgenossen dem Käse sehr zugetan waren, während viele Deutsche den Käse wegen seines Geruchs “Schreck den Gast” nannten.
Immer mehr Menschen verschiedener Herkunft drängten in die Städte des Mittelalters. Sie brachten eigene Essgewohnheiten mit und bereicherten die städtische Esskultur. Mit einer Art “mobilem Pizzawagen” versorgten italienische Bäcker zum Beispiel die Besucher des Konstanzer Konzils (1414-1418), die grösste Versammlung des Mittelalters.
Safran, das “rote Gold”
Der seit dem Mittelalter gebräuchliche Name “Safran“ stammt aus dem Arabischen, ist von “za’far“ abgeleitet und bedeutet “gelb”. Nur die Blütennarbe wird als Gewürz verwendet.
Safran färbt zum einen sehr intensiv gelb (Safran macht den Kuchen gehl) und zum anderen hat er einen herben, zartbitteren und würzigen Geschmack. Im Mittelalter kostete ein Pfund Safran so viel wie ein edles Pferd. Da Safran ähnlich teuer wie Gold war, wurden oft Fälschungen auf den Markt gebracht. Doch im Mittelalter wurde hart durchgegriffen. Diese “Gewürzschmierer”, wie man die Fälscher nannte, wurden hart bestraft und mitsamt ihrer Ware auf dem Scheiterhaufen verbrannt oder in den Fluß geworfen.
Gewürze und Kräuter
Es gab einen wahren Gewürztaumel in Europa. Die herrschende Klasse im Mittelalter zeichnete sich durch einen eigentümlichen Geschmack für stark gewürzte Speisen aus. Je vornehmer der Haushalt, umso höher war der Verbrauch an Gewürzen. Bei der Hochzeitsfeier des Herzogs Karl von Burgund 1468 in Brügge wurden allein 190 Kilo Pfeffer verwendet. Kaufleute benutzten Gewürze als Bargeld, mit Zimt erkauften sich Fürsten so manche Gunst ihrer Angebeteten, und selbst die Mitgift herrschaftlicher Bräute wurde in Pfeffer aufgewogen. Es gab kein Gericht, bei dem nicht eine großzügige Portion Pfeffer verwendet wurde. Aber auch die Kräuter nahmen eine Sonderstellung in der Küche ein. “Die Freunde der Ärzte und der Stolz der Köche” soll Karl der Große über die Kräuter gesagt haben. Majoran, Basilikum und Thymian waren im Mittelalter nur in den südlichen Ländern bekannt. In nördlichen Ländern verwendete man Petersilie, die beliebteste Kräuterpflanze des Mittelalters, Minze, Dill, Kümmel, Liebstöckel, Bohnenkraut, Fenchel, Salbei, Brennessel und Pimpinelle.
Die wichtigsten Getränke neben Wasser waren Bier, Wein und Met.
Bier war nicht nur ein Genussmittel für Feste, sondern auch ein sehr wichtiges Lebensmittel und ein Energielieferant. Das Bier wurde hauptsächlich in Klostern gebraut und bis zur Einführung des Deutschen Reinheitsgebots verwendete man dafür die verschiedensten Getreidesorten.
Wein wurde in nicht nur im Süden sondern auch in Mitteleuropa angebaut und gekeltert. War der Wein nicht ausreichend süß wurde er beispielsweise mit Honig nachgesüßt. Auch verschiedene Gewürze wurden gerne zur Verbesserung des Geschmacks hinzugefügt.
Met (Honigwein) ist wohl das älteste alkoholische Getränk und wurde aufgrund der aufwendigeren Herstellung nach und nach von Bier und Wein verdrängt. Genau wie Bier und Wein war auch Met durchaus als Alltagsgetränk anzusehen. Dass man davon betrunken wird, war nicht nur ein angenehmer Nebeneffekt, sondern galt im Mittelalter auch als gesund.
Als Christoph Kolumbus im Jahr 1493 von seiner Expedition zurückkehrte, hatte sein Schiff auch Paprika und Chillies geladen, um sie am spanischen Königshof zu präsentieren. Doch ihrer Schärfe wegen, blieb diesen Neulingen der erhoffte Erfolg versagt. Der spanische Eroberer Cortéz brachte nach seinem Feldzug gegen die Azteken zu Beginn des 16. Jahrhunderts Pflanzen der Tomate mit nach Europa. Das warme Klima in Spanien, Portugal und Italien begünstigte den Anbau dieser Pflanze. Anfänglich jedoch wurde die Tomate nicht als Nahrungsmittel genutzt, sondern ihrer prallen Form und roten Farbe wegen als Zierpflanze kultiviert. Auf einer Schale hübsch arrangiert, diente sie zur Verschönerung eines Raumes.
Kartoffel, von der Zierpflanze zum Grundnahrungsmittel
Die Kartoffel gelangte erst durch Pizarro gegen 1570 nach Spanien. Bei den Inkas wurde die Kartoffel “papa” genannt, was soviel heisst wie “Knolle”. Auf ihrem Weg durch Europa bekam sie in Italien den Beinamen “Trüffel” (tartufoli) und im deutschen Raum “Artuffel” oder “Artoffel” bis hin zur “Kartoffel”. Anfangs wussten die Europäer allerdings nicht so recht, was sie mit dieser Knolle anfangen sollten. So erfreute man sich an den fremd aussehenden hübschen Blüten und sah in ihr eine Zierpflanze. Ja die oberen Blätter wurden sogar als giftig eingestuft.
Erst ab Mitte des 17. Jahrhunderts konnte sich die Kartoffel als eines der wichtigsten Nahrungsmittel unserer Zeit durchsetzen. Diese Entwicklung ist Friedrich II. von Preußen (1712 – 1786) zu verdanken, der erkannte, welche Bedeutung die Kartoffeln in einer Zeit ständig wachsender Bevölkerung und häufigen Hungersnöten in sich barg. Die Bauern standen diesem “Erdapfel” jedoch sehr skeptisch gegenüber, da sie ihn roh und unreif probierten. Aber Friedrich II. von Preußen griff zu einem Trick. Er legte in Berlin Kartoffelfelder an, die er von Soldaten bewachen ließ. Die neugierigen Bauern entwendeten heimlich die “königlichen” Knollen, um sie selbst anzubauen. Und so startete der Siegeszug der “Kartoffel” in Europa.
Die wertvollen Nährstoffe und Vitamine der Kartoffel und ihr flächendeckender Anbau haben die Bevölkerung des alten Kontinentes schon mehrfach über große Krisen gerettet.
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