Glauben an den eigenen Traum
Der Klub Hannah traf sich im September 2019 im Goethe-Institut bereits zum 15. Mal. Zum Kennenlernen vor dem eigentlichen Vortrag füllt sich die Eingangshalle des Goethe-Instituts schnell mit fast 30 Frauen. Nach der langen Sommerpause begrüßen sich die Teilnehmerinnen herzlich, Neuankömmlinge werden schnell aufgenommen und frau stellte sich gegenseitig vor. Judith Maiworm, die aktuelle Leiterin des Goethe-Instituts, die im Oktober in Pension geht, schlägt vor, das Treffen in dieser lockeren Atmosphäre abzuhalten. Zum ersten Mal findet der Vortrag sowohl in Spanisch als auch in Deutsch statt.
Dr. Phil. Evelyn Patz Sievers, literarische Übersetzerin und Lektorin, erzählt uns ihre Geschichte. Auf dem Tisch hat sie Bücher und Romane der jüdischen Schriftstellerinnen Rose Ausländer, Mascha Kaléko, Lisa Fittko, sowie ihre eigene Dissertation über die sephardische Identität Veza Canettis ausgelegt. Auch einige Bücher aus dem LehmwegVerlag in Hamburg, bei dem sie als Lektorin arbeitet, hat sie zur Ansicht mitgebracht, da dieser kleine Verlag sich auf die Herausgabe zweisprachiger Ausgaben katalanischer Literatur spezialisiert hat.
Nach Aufenthalten in Genf, Paris und London als Au-Pair und Sprachstudentin kommt sie als 20-Jährige in den 70er Jahren nach Spanien, um hier das Haus ihrer Mutter einzurichten. Ihr Traum ist es, Sprachen und Literatur zu studieren. Wie das Leben so spielt, nimmt sie zuerst einen Job in einem Immobilienbüro an und verfängt sich im Netz eines katalanischen „Conquistador“, der sie mit seiner wunderbaren Belcanto-Stimme verzaubert. Danach absolviert sie einen Intensivlehrgang zur Fremdsprachenkorrespondentin in Hannover, um ein berufliches Standbein aufzubauen. Es wird geheiratet,und vier Kinder folgen schnell auf einander. Als sie schwer an einem Knochentumor im rechten Knie erkrankt, fasst sie den Mut, ihr bisheriges Leben komplett umzukrempeln. Auch weil die medizinische Versorgung in Deutschland verspricht, besser zu sein, geht sie mit den drei jüngsten Kindern nach Bonn zu ihrem Vetter, der ihr hilfreich zur Seite steht. Sie arbeitet bei der Consulting Kienbaum International für Hilfsprojekte in Entwicklungsländern. Um mit Mann und allen Kindern zusammen zu leben, kehrt sie nach sechs Jahren nach Katalonien zurück. Aber die Ehe ist nicht zu retten, eine Scheidung unumgänglich. Die Kinder gehen auf die DSB und Evelyn arbeitet in einer Anwaltskanzlei. Jedoch lässt sie ihr Traum von der Literatur nicht los. Nebenher beginnt sie also Germanistik zu studieren. Nach sieben anstrengenden Jahren schafft sie den Master mit einer Abschlussarbeit über die Exil-Schriftstellerinnen Rose Ausländer und Mascha Kaléko und veröffentlicht einige Aufsätze. Als ein Professor ihr anbietet, über Veza Canetti zu promovieren, nimmt sie an. 2018 schließt sie mir ihrer Dissertation ab. Endlich kann sie das machen, was sie sich immer gewünscht hat: voll in der Literatur aufgehen. In ihrem Vortrag geht Evelyn Patz auch auf das Konzept Sprache als Muttersprache ein, das bei den Schriftstellerinnen und Schriftstellern im Exil immer ein brisantes Thema ist. Wie geht man oder frau damit um? Lässt man/ frau sich aus seiner Heimat und der inneren Sprachheimat vertreiben? Bleibt die Sprache immer als Rückzug in die eigene Identität? Wir diskutieren diese Fragen, denn wir selbst leben in vielfältigen Sprachsituationen, in denen wir uns nicht immer so sicher fühlen wie in der Muttersprache. Evelyn Patz skizziert uns als Abschluss die bewegten Lebensläufe von Rose Ausländer, Mascha Kaléko, Lisa Fittko und Veza Canetti und zitiert einige ihrer Gedichte.
Von Ina Laiadhi
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http://s411654074.mialojamiento.es/blog/die-exil-schriftstellerin-veza-canetti
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