Hören ist Geschmackssache
Die Zauberflöte von Mozart, ist diese Oper nicht wundervoll? Und dann kommt die berühmte Arie der Königin der Nacht und während einige vor Bewunderung dahinschmelzen, möchte manch anderer sich bei den hohen Tönen lieber die Ohren zuhalten. Wenn meine einjährige Enkelin vor Freude quietscht und unverständliche Worte plappert, weil es ihr gelingt, die Stufen im Treppenhaus hochzukrabbeln, ist das reine Wonne für meine Ohren. Und wenn dann ein Nachbar aus der Tür kommt und sich über den “Lärm“ beschwert, stößt das bei mir auf Unverständnis. Bei Kratzgeräuschen auf einer Tafel zuckt so mancher zusammen, während zum Beispiel das Plätschern von Meereswellen entspannend wirkt. So lösen Töne, die unser Ohr treffen, ganz unterschiedliche Empfindungen aus, negative oder positive, eben für jeden anders.
Unsere Ohren sind natürlich nicht nur zum Steifhalten da, oder um viel um sie zu haben, auch nicht unbedingt ,um sie an eine Wand zu legen, sondern hauptsächlich, um alle Geräusche um uns herum zu hören, sie zu erkennen und uns daran zu orientieren. Unsere Gehörzellen im Innenohr waren die ersten spezialisierten Zellen der Evolution und damit gehört das Ohr zu den ältesten Organen überhaupt. Das eigentliche Hörorgan liegt tief in der so genannten Schnecke. Schallwellen werden durch feine Haarzellen in elektrische Impulse umgewandelt. Diese werden über den Hörnerv zur Hörrinde im Gehirn weitergeleitet und das Gehörte dem Bewusstsein vermittelt. Und ganz offensichtlich sind Gehirn und Bewusstsein bei jedem etwas anders ausgeprägt und damit auch das Hörempfinden.
Ob wir aber Geräusche als Lärm empfinden, hängt vom Schallpegel ab. Lärm selbst kann man nicht direkt messen, aber man kann den Schallpegel in Dezibel (dB) angeben. Das heisst: 0 dB ist der leiseste Ton, den das menschliche Ohr wahrnehmen kann, normale Gespräche liegen bei 50 dB, ab 100 dB wird es unangenehm und bei 120 dB beginnt die Schmerzgrenze. Aber Lärm ist ein Schall, den eben jeder anders empfindet. So kann laute Musik den einen nerven und ein anderer fühlt sich dabei richtig wohl. Junge Leute stört bei einem Diskothekenbesuch eine Lautstärk von 105 dB keineswegs, man will ja tanzen und reden ist überflüssig (oder sowieso nicht möglich), aber leider ist eine Lärmschwerhörigkeit damit schon vorprogrammiert. Ein Viertel der jungen Erwachsenen sind durch ihre Musikhörgewohnheiten bereits irreversibel hörgeschädigt. Auch wurde festgestellt, dass 2/3 der Verkehrsunfälle nach Diskobesuchen nicht durch Alkohol, sondern wegen zu lauter Musik verursacht wurden. (Diskogänger, schreibt euch das mal hinter die Ohren).
Schwerhörigkeit ist bei Diskjockeys eine Berufskrankheit, genau wie bei Straßenbauern mit ihren Presslufthämmern, Bauarbeiter oder Arbeiter in lauten Fabriken oder Forstarbeiter, die mit Kreissägen hantieren müssen. Das sind Geräusche, die jedem normalen Menschen „durch und durch“ gehen. 5 Millionen Arbeitnehmer sind dem täglich ausgesetzt. Zu beruflich lärmbedingten Schwerhörigen gehören inzwischen 3000 anerkannte Fälle.
Aber da wir tagtäglich von allen möglichen Geräuschen umgeben sind, kann auch totale Stille als unangenehm oder sogar als unnatürlich empfunden werden. Geräusche sind für uns wichtig und anregend. Das zeigte auch eine Studie an der Kinderklinik in Köln, wo man Säuglingen im Inkubator Mozartmusik (natürlich nicht die Königin der Nacht) vorspielte. Diese Kinder erreichten ihr Normalgewicht im Durchschnitt 2 Monate früher als Kinder ohne Musikberieselung. Und da wir gerade von Kindern sprechen: eine Ohrfeige mag durch ihre Kürze vielleicht nicht sonderlich laut klingen, ist aber wie jeder Knall oder lauter Pfiff, extrem schädigend für das Ohr (und für das Kind sowieso).
Robert Koch meinte: „Eines Tages wird der Mensch den Lärm ebenso unerbittlich bekämpfen müssen, wie die Cholera und die Pest.“ Wie gesundheitsschädigend Lärm ist, weiß man schon lange. Aber unsere Welt voller Elektronik und Maschinen, Autos und Flugzeuge ist laut, hektisch und lebendig. Wo und wann sollen wir anfangen, weniger Lärm zu erzeugen, leiser zu werden? In einem Kalenderspruch heißt es : “Mit ‘nem Kaugummi im Ohr, kommt dir alles leiser vor.“ Oder findet man da doch noch bessere Methoden?
von Dixi Greiner, Februar 2023
Schlagwörter: Gesundheit, Moderne Welt