Kreislaufwirtschaft – Zurück zur Natur?
Woran denken Sie beim Wort „Kreislauf“? Kreislauf des Lebens, Kreislauf der Natur, im Kreise laufen und nicht von der Stelle kommen?
Nachdem ich mich etwas mit dieser Wirtschaftsform beschäf-tigt hatte, wurde mir klar, dass der Haushalt meiner Oma eine zirkuläre Ökonomie war. Sie hatte keinen Abfalleimer, es gab im Dorf keine Müllabfuhr. Ihren Biomüll warf sie auf den Komposthaufen im Selbstversorgergarten, die wenigen Ge-genstände, die sie im Laufe ihres Lebens aussortierte, wur-den nicht weggeworfen, sondern zerlegt und, nach Material getrennt (z.B. Holz, Metall, Papier) aufbewahrt. Zur Lagerung dieser Materialien brauchte sie allerdings eine sehr große Scheune! Irgendwann, oft sehr viel später, verwertete sie ihre Reserven, das Holz und das Papier verheizte sie im Kü-chenofen oder in der Waschküche, das Metall verkaufte sie an Nachbarn oder den Schrotthändler. Kleidung reparierte sie selbst. Gekauft hat sie wenig, nur für bessere Anlässe Kleidung und Schmuck, und lebte bis zu ihrem Tod 1993 fast ausschließlich mit den Möbeln ihrer längst verstorbenen Schwiegereltern.
Als mit der ersten Ölkrise Anfang der 1970er Jahre – ähnlich wie heute – Energie knapp und teuer wurde, erließ am 15.7.1975 der Rat der Europäischen Gemeinschaft die Richt-linie 75/442/EWG zum Erhalt von Rohstoff- und Energiequel-len. Er formulierte darin die Notwendigkeit, die Abfallbildung einzuschränken und Abfälle wiederzuverwenden und zu verwerten.
Aber erst knapp 20 Jahre später trat ein entsprechendes Gesetz in Deutschland in Kraft, das „Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen“ (KrW-/AbfG, später KrWG). Zweck der Kreislaufwirtschaft ist demnach die Schonung natürlicher Ressourcen, aber auch der Schutz von Mensch und Umwelt (§1 KrWG).
Und wie geht das nun? Alles wird reduziert oder sogar weg-gelassen: Abfallproduktion, Emissionen, Energieverbrauch. Dies erreicht man durch langlebige Materialien und reparier-fähige Konstruktionen, dann sind auch die weiteren Schritte möglich und sinnvoll: Instandhaltung statt Wegwerfen (z.B. in Repair-Cafés), Wiederverwendung (Second hand, Ge-brauchtwagen), Aufarbeitung (Upcycling, Refurbishing, Refab-rikation). Allein durch Aufarbeitung von Maschinenteilen werden weltweit 85% des Rohmaterials und 55% der Energie eingespart und außerdem jährlich mehrere Millionen Ton-nen CO2-Emissionen vermieden. Auch vom Handyrecycling haben inzwischen bestimmt die meisten gehört.
Industrielles Recycling ist allerdings das Mittel letzter Wahl, denn es ist mit hohen Transport- und Personalkosten ver-bunden und wird häufig nicht zuverlässig durchgeführt. In einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft sind daher auch recyc-lingfähige Abfälle möglichst schon in der Produktion zu ver-meiden.
In der jetzt vorherrschenden Linearwirtschaft (auch „Weg-werfwirtschaft“ genannt) wird nach meist relativ kurzer Nut-zungsdauer ein Produkt oft mit dem Rest- oder Sperrmüll entsorgt und landet dann sortenunrein in einer Mülldeponie oder Müllverbrennungsanlage. Dadurch können die Rohstof-fe und Energie sowie die Arbeitskraft, die bei der Herstellung nötig waren, nur zum Teil wiedergewonnen werden.
Die Natur ist übrigens die perfekte Kreislaufwirtschaft, das mussten wir auch erst wieder lernen. Sie produziert keinen Abfall, sondern reintegriert alles. Aber so einfach auf die Industriegesellschaften übertragen lässt sich das eben nicht!
Von Dr. Katharina Städtler, Dezember 2022
Info:
https://www.ardalpha.de/wissen/umwelt/nachhaltigkeit/elektroschrott-reparieren-entsorgen-recycling-wertstoffhof-rohstoff-100.html
www.br.de/mediathek/video/dokumentarfilm-die-recyclingluege-av:62b04433a3b0a80008b95bed
www.br.de/mediathek/video/recycling-wahnsinn-aus-neu-mach-muell-av:6196cda303cb230008476e88
https://www.bsm.upf.edu/ca/noticies/reciclatge-catalunya
Schlagwörter: Moderne Welt