Mühlen mahlen oder zwicken!
Mühlen sind eine großartige Erfindung: sie bewegen Wasser, zermalmen Steine, mahlen Getreide zu Mehl, erzeugen Strom, zerkleinern Bohnen zu feinem Kaffeepulver. Es gibt sie in groß, wie die Steinmühlen, Eisenmühlen, Windmühlen, Farbmühlen, Getreidemühlen oder in klein, wie z.B. die Pfeffermühle. Viele mahlen mit Elektrizität oder werden handbetrieben.
Aber es gibt eine Mühle, die sich (und uns) ganz anders bewegt, nämlich die Zwickmühle. Jedem ist sicher das Mühlespiel für 2 Mitspieler bekannt. Der eine Spieler erhält weiße Steine, der Gegner schwarze. Jeder darf immer einen Stein auf das Spielbrett setzen und versuchen, eine Mühle zu bauen, die aus drei nebeneinander liegenden gleichfarbigen Steinen besteht. Und wenn man nicht aufpasst, hat der Gegner seine Steine so setzen können, dass er zwei Möglichkeiten hat, egal wo man ihm mit dem eigenen Stein die eine Mühle zerstören kann, kann er einen weiteren Stein zu einer Dreierlinie verbinden.
Inzwischen kennt man den Ausdruck Zwickmühle ganz allgemein für eine Konfliktsituation, bei der man zwei oder mehr Möglichkeiten hat, aber alle irgendwie unbefriedigend sind. Es gibt aber auch positive Zwickmühlen: es stehen zwei Medikamente zur Verfügung, welches soll man nehmen? Da beide gesund machen oder den Schmerz vertreiben, fällt die Entscheidung leicht, denn beide Möglichkeiten führen zu einem positiven Ergebnis.
Und da man wissenschaftlich so ziemlich alles erforschen kann, hat man natürlich auch die Zwickmühle, wissenschaftlich Dilemma genannt, ins Visier genommen. Also teilte man das Dilemma in drei Klassen ein. Man spricht von einem klassischen Dilemma, das sowohl positiv wie negativ ausfallen kann. Dann gibt es das ethische Dilemma: Ein Klassenkamerad verkauft Drogen, um die Behandlung seiner schwerkranken Mutter zu bezahlen. Soll man schweigen , um nicht als Petzer dazustehen oder die Ungesetzlichkeit dem Lehrer melden, da ja auch die Gesundheit der Klassenkameraden auf dem Spiel steht? Und das dritte ist das moralische Dilemma: Die Sekretärin bemerkt, dass ihr Chef auf Grund seines geheimen Alkoholismus Fehler macht. Soll sie die Fehler einfach vertuschen oder ihren Chef darauf hinweisen? Das sind nur Beispiele, aber die Entscheidungen bei solchen Zwickmühlen sind so oder so immer unangenehm. Selbst kleine Kinder stehen schon mal ganz unbewusst vor einer Zwickmühle und suchen nach Lösungen: eine Schale mit Keksen steht auf dem Tisch. Soll man die Mutter fragen, ob man ein Keks nehmen darf? Sie könnte sagen: nein, nicht vor dem Mittagessen. Oder einfach schnell ein Kekschen nehmen und Gefahr laufen, erwischt zu werden? Für ein Kind ist das jetzt natürlich kein großes Dilemma. Das brave Kind wartet halt bis nach dem Mittagessen, das risikofreudige Kind greift mal kurz zu. Problem gelöst!
Aber für Erwachsene gibt es Bereiche wie Job, Führungsalltag oder vor allem in der Politik, wo ethische oder moralische Dilemmas auftauchen. Wie soll man sich verhalten? An einigen Schulen und Hochschulen werden junge Menschen mit dem Thema Zwickmühle vertraut gemacht und wie man im späteren Berufsleben damit umgeht. Da werden Fallbeispiele besprochen, wichtige Beispiele aus der Literatur herangezogen (zum Beispiel Hamlet: „sein oder nicht sein“), interpretiert und diskutiert und vor allem nach Lösungswegen gesucht. Zu Ciceros Zeiten wurde durch Münzwurf entschieden, man könnte sich auch Rat bei anderen holen, oder nach einer ganz anderen Alternative suchen oder doch seinem ersten Impuls folgen, der oft der Beste ist.
Mühle ist ein lustiges Brettspiel, aber in eine Zwickmühle zu geraten, kann ein echtes Dilemma sein.
Von Dixi Greiner, August 2023
Schlagwörter: Geschichte, Kultur, Moderne Welt