Roger und die katalanische Kompanie

Ein eher romantisierendes Portrait von Roger de Flor aus dem 19.Jahrh.
Quelle: Wikipedia
Neulich kamen wir mal wieder darauf zu sprechen, dass mein Schwiegervater seinen Geburtsnamen lange Zeit nicht tragen durfte. Zu Katalanisch. Moment mal, Roger, zu Katalanisch? Da fällt uns Ausländern doch höchstens 007 (Roger Moore) ein oder vielleicht noch ein gefunktes „Roger, over and out!“
Mehr als eine Legende
Den starken katalanischen Bezug verdankt der Name zu großen Teilen Roger de Flor, einem Haudegen, Krieger, Piraten und Schlitzohr par excellence, der aufgrund seines Lebenswandels keine 40 wurde. Die Eckdaten seines Daseins sind belegt, um den Rest ranken sich Legenden und werden hübsch ausgeschmückt. Eine davon geht in etwa so: Roger de Flor, auch Rutger von Blume, wurde 1267 als Sohn eines deutschen Falkners in Diensten des Kaisers Friedrich II. in Brindisi geboren. Also ein Deutscher, vielleicht noch Italiener, aber Katalane? Erstmal Fehlanzeige.
Templer
Der Vater starb alsbald im Krieg für den Kaiser und das Familienvermögen wurde von den Gegnern, dem Haus Anjou, eingezogen. Um die drohende Verarmung abzuwenden, wurde der Knabe bereits mit acht Jahren auf ein Templerschiff geschickt. Da er adlig war, hatte er hier Aufstiegschancen. Er trat dem Orden bei und arbeitete sich zum Schiffskommandanten hoch. Sein Schiff brach Blockaden, kaperte gegnerische Schiffe und verleibte ein beträchtliches Vermö-
gen dem des Ordens ein. Auf dem Rückzug von der letzten Bastion, die nach dem 7. Kreuzzug übrigblieb, erkannte er, dass es um die Kreuzritter nicht zum Besten stand. Er durchbrach die Belagerung von Akkon 1291 und nahm die reichsten Flüchtigen auf. Er setzte sie wohlbehalten an Land und behielt ihr Hab und Gut als „Entgelt“ ein. Mit diesem Vermögen machte er sich davon, um Pirat zu werden. Von den Templern wurde er nun als Glaubensabtrünniger verfolgt und der Veruntreuung von Ordensgütern beschuldigt. Sei es so gewesen oder doch andersherum, dass er die Christen gerettet und diese, da sie das in Lebensgefahr versprochene Entgelt nicht hergeben wollten, nun vor aller Welt und dem Papst behaupteten, bestohlen worden zu sein, Roger blieb nichts als die Flucht. Seine Erfahrungen zur See und die ausklingenden Kriegswirren spielten ihm jedenfalls in die Hand.

Ddas Schlachtschiff Oliveta
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Streiter für König Friedrich II
Als Papst und Templer ihm zu dicht auf den Fersen waren, bot er seine Dienste denen von Anjou an. Er war nicht nachtragend und suchte seinen Vorteil, wo er ihn am ehesten zu finden hoffte. Diese wagten jedoch nicht, ihn gegen den päpstlichen Willen zu beschäftigen. So trat er kurzerhand im Kampf um Sizilien der Armee des Gegners, des Königs Friedrich II. von Sizilien ein. Er wurde zum Vizeadmiral befördert und hatte damit ein gutes Auskommen. Bei Kriegsende 1302 wollte Friedrich allerdings schnellstmöglich seine Söldnertruppen loswerden, weil sie Unfrieden auf der Insel stifteten und er sie auch nicht mehr bezahlen konnte.
Die Katalanische Kompanie
Hier nun kam Roger zu seinen Katalanen. Die Almogàvers nämlich, die aus Aragon und Katalonien stammten, waren eine ziemlich imposante kampferprobte Truppe, die – einmal entlassen – nicht nach Hause zurückkehren konnte, da ihre Heimat sich mittlerweile in Feindesgebiet verwandelt hatte. Roger sammelte sie unter seiner Führung und gründete so die Katalanische Kompanie.
Roger bot die Dienste der Kompanie verschiedentlich an und gelangte mit dem Kaiser Andronikos II. zu einer Einigung. Der Byzantinische Kaiser hatte sein Heer reduziert, um das Reich aus der finanziellen Krise zu bringen. Die Bündnisse, die er einging, um sein militärisch desolates Reich zu schützen, brachten ihn von allen Seiten in Bedrängnis, die Serben, die Bulgaren, Venedig, ein paar Kleinstaaten und die Osmanen. Roger und die Katalanische Kompanie kamen wie gerufen, um erstmal die Ostgrenze zu befrieden. Anfang Herbst 1303 landete Roger mit 36 Schiffen, 1500 katalanischen Reitern und 4000 Almogávers in Byzanz. Er heiratete die kaiserliche Nichte als Teil des Deals mit Andronikos II. und ließ sich zum obersten Flottenkommandeur, dem Mega Dux ernennen. Billig war er nicht, doch er brachte die versprochene Ruhe im Osten. Nach einigen Kämpfen schlug die Kompanie ihr Winterlager auf einer griechischen Halbinsel auf.

Die Flaggen der Katalanischen Kompagnie
Als sie im Mai 1304 erneut in den Kampf zogen, beschloss Roger für sich und seine Truppen etwas mehr als den Sold herauszuschlagen. Er drängte die Türken aus den griechischen Städten, „befreite“ sie und zog immer weiter gen Osten. Als er große Teile Kleinasiens unter seiner Kontrolle hatte und genug am Wegesrand geplünderten Reichtum zur Verfügung, schien ein eigenes kleines Reich zum Greifen nahe. Seine Kompanie war mittlerweile erstaunlich angewachsen, denn sein Erfolg hatte sich herumgesprochen und allerlei Glücksritter angezogen. Er hatte allerdings mit weniger Widerstand in der byzantinischen Bevölkerung gerechnet. Diese wollten nicht schon wieder von den Christen befreit werden, um sie dann auf ihre Kosten durchfüttern zu müssen. An diesem Punkt angelangt, wurde er vom Kaiser zurückbeordert, angeblich, um an einer anderen Front zu kämpfen.
Cäsar Roger?
Im Landesinneren angekommen, hatte sich die vorgebliche Bedrohung allerdings zerschlagen. Da es zu spät im Jahr war, bezog man erneut Winterquartier. Der Geldfluss wurde freilich immer dürftiger. Das große Heer verschlang Unsummen. Unausgelastet und unterbezahlt plünderten die Truppen im Umland. Auch Andronikos wurde sich dieses Problems mehr und mehr bewusst. Um es beizulegen, ersann er einen verlockenden Vorschlag für Roger. Er wollte ihm den Titel eines Cäsaren geben und ihm die rückeroberten Teile im Osten des Reiches als Lehen überlassen. Roger wähnte sich nun doch wieder seinem Ziel, einem eigenen Reich, nahe und zog mit großem Gefolge nach Adrianopel, um die Ehrungen formal bei einem Bankett ihm zu Ehren entgegenzunehmen.
Nach mehrtägigem Gelage wurde er jedoch im April 1305 nicht zum Cäsar ernannt, sondern mitsamt seiner Abordnung von Hunderten von Männern in einem großen Gemetzel auf Geheiß des Kaisers ermordet. Der Kaiser hatte ihm eine Falle gestellt. Zu oft hatte Roger de Flor in die eigenen Taschen gewirtschaftet, um als Heerführer tragbar zu sein. Zu oft die Seiten gewechselt, um ihn einfach aus den Diensten zu entlassen.
Doch auch mit dieser Lösung war Andronikos kein Glück beschieden, denn die Teile der Katalanischen Kompanie, die zurückgeblieben waren, sammelten ihre Kräfte und wechselten, wie sie es von ihrem Führer gelernt hatten, auf die gegnerische Seite.
Von Kati Niermann, Juni 2022
Schlagwörter: Geschichte