Der Wald in beunruhigenden Zahlen
Der WWF hat im Jahr 2018 seinen Waldbericht mit bedrohlichen Fakten gefüttert.
Angefangen mit der Tatsache, dass 80% aller Tier- und Pflanzenarten im Wald beheimatet sind, was ihn zum artenreichsten Lebensraum auf der Erde macht. Zudem bindet er die Hälfte allen Kohlenstoffs der Erde. Er dient der Reinigung der Luft und des Wassers, als Trinkwasserspeicher und schützt vor Erosion, Überschwemmungen und Erdrutschen.
Dagegen steht, dass in den 25 Jahren um die Jahrtausendwende eine Waldfläche von der mehr als sechsfachen Ausdehnung Deutschlands weltweit vernichtet wurde. Die Hauptverluste liegen auf der Südhalbkugel mit den Spitzenreitern Brasilien und Australien.
Nun könnte man sagen, das ist weit weg und Europa hat doch zwischen 2005 und 2010 einen beachtlichen Anstieg an Waldfläche bewirkt. Doch das ist sehr kurz gedacht. Zum einen, weil die Aufforstung zu großen Teilen der naturfernen Bewirtschaftung dient. Ein Drittel der europäischen Flächen (wenn man Russland außer Acht lässt) hat nur eine Hauptbaumart. 70% der Wälder sind gleichaltriger Bestand. Diese sogenannten degradierten Waldflächen sind sehr anfällig für Schädlingsbefall und Klimaschwankungen und somit extrem abhängig vom menschlichen Eingreifen.
Die Waldzerstörung hingegen verursacht ungefähr 15% des menschlichen Treibhausgasausstoßes, was die schlechten klimatischen Bedingungen zusätzlich befeuert.
Vor 8000 Jahren, bevor der Mensch die Bühne Wald betreten hat, gab es 6,2 Milliarden Hektar Wald. Heute existieren weniger als zwei Drittel davon und von diesen sind auch nur 1,28 Milliarden Hektar biodiverser Urwald.
Unser Lebensstil und Fleischkonsum verursachen die Waldzerstörung. 4 Fünftel des Waldrückgangs werden durch Landwirtschaft verursacht, mit Schwerpunkt Palmöl, Soja (hauptsächlich als Futterpflanze) und Rinder.
Der Ernährungskonsum in Deutschland lässt sich anhand von Inlandsproduktion und Import zurückrechnen auf 17 Millionen landwirtschaftliche Nutzfläche innerhalb Deutschlands und 7 Millionen außerhalb, hauptsächlich in Südamerika. Das heißt, der Waldrückgang in Südamerika wird originär von Deutschland (mit-)verursacht. Wenn sich alle Menschen so verhalten würden, wie die Deutschen bräuchten wir je nach Produkt 3 bis 6 Planeten, um den Bedarf zu decken. Das heißt, wir konsumieren auf Pump, bei unseren ärmeren Nachbarn und bei unseren Kindern.
Wenn man den russischen Verbund wegen der doppelten Zugehörigkeit zu Asien und Europa nicht mitbetrachtet, sind in Europa 35% der Landflächen bewaldet, wobei Schweden und Finnland in der Statistik tatsächlich Spanien folgt. Und noch besser, 30% des gesamten europäischen Waldzuwachses der vergangenen Jahre findet sich in Spanien. Aber es fehlt an artenreichem Mischwald. Davon bleiben uns ganze 4%. Durch Stückelung der Waldgebiete, fehlendes Totholz in den bewirtschafteten Wäldern und invasive Baumarten sinkt die Biodiversität rapide.
Maßnahmen, die gegensteuern können, sind verantwortliche und nachhaltige Waldbewirtschaftung, das Ausweisen von großflächigen Schutzgebieten und die Zertifizierung von legal geschlagenem Holz.
Holz sollte kaskadierend genutzt werden. Erst für langlebige Produkte, wie Möbel, dann im Recycling und zum Schluss zur Energiegewinnung. Weder Toilettenpapier noch Holzpellets für die Heizung müssen aus frischgeschlagenen Bäumen gewonnen werden.
Übrigens ist die Idee, Holz durch andere Stoffe zu ersetzen, auch nicht sinnvoll, da es grundsätzlich eine gute Ökobilanz hat im Vergleich zu Beton, Zement oder gar Kunststoff.
Was der Einzelne unter uns tun kann lässt sich an 2 einfachen Beispielen aufzeigen.
Der tatsächliche Papierbedarf pro Person pro Jahr beträgt zum Beispiel 40 kg. Weltweit liegt er bei 55kg, europaweit bei 160 kg, in Deutschland bei 248kg. Deutschland ist Spitzenreiter. Europaweit wird das Luxusgut vergeudet, als gäbe es kein Morgen. Dabei lässt sich eine Papierfaser bis zu 7mal recyceln, bevor sie zu kurz wird, um sie wiederaufzubereiten. Setzen Sie Papier sparsam ein, nutzen Sie recyceltes Papier, achten Sie auf das FSC-Zertifikat für legale Holzgewinnung und stellen Sie sicher, dass ihr Altpapier dem Recycling-Kreislauf wieder zugeführt wird.
Ein anderes Beispiel ist der Fleischkonsum. Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht sollten wir in den Industrienationen 70% mehr Gemüse und 40% weniger Fleisch essen. Das fällt vielen schwer, aber vielleicht hilft der Ansatz, dass Sie es nicht für Ihren Körper tun, sondern für das Allgemeinwohl. Von den obengenannten 7 Millionen Hektar fremder landwirtschaftlich genutzter Fläche ließen sich damit 1,8 Millionen Hektar einsparen, die für Wald zur Verfügung stünden.
Das gleiche gilt für vermeidbare Verluste durch weggeworfene Lebensmittel. Hier würden weitere 1,5 Millionen Hektar frei. Da hätte jeder einzelne von uns ohne Einschreiten von Industrie und Politik ganz schnell seinen ökologischen Fußabdruck enorm verringert.
Versuchen Sie es mal. Es fühlt sich wirklich gut an.
Info: Die diesem Artikel zugrundeliegenden Daten sind dem WWF Waldbericht 2018 entnommen. Der WWF Waldbericht 2019 befasst sich mit dem Verschwinden der Tiere. Beide sind sehr lesenswert.
Von Kati Niermann
Schlagwörter: Europa, Gesundheit, Kultur, Moderne Welt, Umwelt